I Can’t Get No Satisfaction

„Hörst du?“ sagte eines Tages mein Spaßmacher, „hörst du es?

Und er sang in einer Sprache, die ich nicht verstand, jedenfalls nicht mit dem Kopf.

„Du kannst es mit deinem Körper hören. Hör genau hin.“

Und dann hörte ich es auch.

„I can’t get no, I can’t get no. Satisfaction.“

Der Song machte sich überall stark, auf dem Plattenteller, im Radio und im Gedächtnis meines Spaßmachers. Ein Spaßmacher hat sein eigenes Gehirn, und manche Menschen behaupten sogar, dass sein Gesicht direkt mit der Sonne verbunden ist.

„Ich bringe Wärme in jede Höhle, und sei sie noch so duster,“ sagte er mir einmal in einer guten Stunde, als wir aufhörten, auf die Quintessenz des Stonessongs zu hören. Doch bis dahin vergingen noch viele Jahre, die sich viel zu langsam entwickelten, wie mein bester Freund befand.

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THE ROLLING STONES | SATISFACTION


Spaßmachers (Ge) Schichten

Eines Tages fragte Kafka seinen Sohn Felix, kurz vor seinem zehnjährigen Geburtstag, ob er ihn in die Geheimnisse des Spaßmachers einweihen solle. Felix, der wusste, dass sein Vater unterschiedliche Geschichten erzählen konnte, wahre, die aus der realen Wirklichkeit kamen, erfundene, die aus der fiktiven Realität stammten und gemischte, die aus dem Märchenbauch Kafkas kamen, eben solche Geschichten, bei denen keiner genau wusste, woher sie stammten, welchen Wahrheitsgehalt sie haben könnten, nicht einmal Kafka selbst.

„Alle Geschichten,“ sagte Kafka, „die ich heute erzähle, sind erlebte Geschichten.“ Das sagte er seinem Sohn, um ihn zu beruhigen, vielleicht eher, um ihn einzuweihen, in das Leben, in das Spiel zwischen Jungen und Mädchen, zwischen jungen Männern und jungen Frauen, das dann beginnt, wenn der Spaßmacher ruft. Kafka wusste, dass es an der Zeit war, mit der Einweihung zu beginnen, ein Gespräch, eher ein Feeling, ein Miteinander teilen, eine Vertrautheit, die auf Ehrlichkeit beruhte. Weil Kafka Schriftsteller war, ein Komiker und ein Reikimeister, folgte er seiner Intuition, ohne um die einzelnen Schritte zu wissen. Er hatte Schlüsselerlebnisse parat, weil er sie selbst erlebt hatte, doch er wusste nicht, welche Worte er wählen würde, um sie Felix zu offenbaren. Ja, er war sogar so aufgeregt, dass er den roten Faden während des Erzählens veränderte; weil er Rot liebte, das Dunkelrote, das Rote und das Orangene. Immer konnte er schnell assoziieren, während er erzählte, intensiver wurde die Erzählkomik, herzlicher steuerte die Begegnung, die Einweihung seines Sohnes, auf das Schlüsselerlebnis zu, dass es seinem Spaßmacher erlaubte, in Realitas erlaubte, alle Schichten zu durchdringen, vor allem die drei schwarzen Schichten, die Kafka davon abhalten sollten, Mann zu werden.

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Dazwischen

Kafkas erste Erinnerungen

Als ich so alt war wie du, fast so alt, eben acht Jahre, da wusste ich nicht, wie Jungen und Mädchen aussehen, jedenfalls nicht, wie sie zwischen den Beinen aussehen. Damals, es war 1962, malte ich viele Jungen und Mädchen; die Jungen hatten Hosen an und die Mädchen hatten lange Kleider, manchmal auch knielange Röcke. Eines Tages stellte ich mir die Frage, dann meiner Mutter, was ich denn tun müsse, um die Zeichnungen realistischer zu gestalten. Ich wollte Jungen ohne Hosen malen und Mädchen ohne Röcke. Es war wie ein großer Lehrauftrag, den ich mir selbst erteilte, denn ich wollte ein Zeichner der Wirklichkeit werden. Meine Mutter hätte nur sagen müssen: „Ziehe dich aus, setze dich vor den Spiegel, oder stelle dich breitbeinig davor, und du wirst sehen, wie es zwischen deinen Beinen aussieht.“ Damit wäre mir sehr geholfen, doch sie sagte, dass ich es früh genug erfahren würde, meine Zeichnungen gefielen ihr so, wie sie waren. Damit gab ich mich zufrieden, nur mein Spaßmacher ließ nicht locker.

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